Gastautor: Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group
Bei fast allen großen Katastrophen der Welt berichten Medien ausführlich von den schrecklichen Auswirkungen und suchen akribisch genau nach schuldigen Verursachern.
Bauherren wurden bei der Londoner Hochhausbrandkatastrophe als Verursacher genannt, als herauskam, dass schnell entzündliche Wandverkleidung den Brand eines Kühlschrankes beschleunigte. Nach Schuldigen wird gesucht, wenn große Fährschiffe untergehen oder Flugzeuge abstürzen. Terrorkatastrophen beherrschen tagelang die weltweiten Schlagzeilen mit der Suche nach Versäumnissen von Politikern, Polizisten und Richtern, die vielleicht Abschiebungen und Identifizierungen von Gefährdern versäumten.
Das ist alles notwendig, gut und richtig, denn aus Ursachenforschung können ja Strategien zur Vermeidung künftiger Katastrophen entwickelt werden. Nun wird die Welt aber gerade von Katastrophen heimgesucht, die sie in dieser Heftigkeit und Häufigkeit (mit Ausnahme von Kriegen) noch nicht gesehen hat.
Doch selbst im Kanzlerkandidatenduell spielte die aktuell grausam zuschlagende Klimakatastrophe keine Rolle. Unfassbar!
Metropolen wie Mumbai in Indien oder Houston in Texas werden aktuell katastrophal überschwemmt. In Indien, Nepal, Bangladesch sterben über 2.000 Menschen an ungewöhnlich heftigen Monsunregenfällen. In Nigeria müssen Hundertausende vor Überschwemmungen fliehen. In Südeuropa, Sibirien, Kalifornien vernichten Waldbrände nicht nur riesige Waldregionen, sondern auch Dörfer. Dürrekatastrophen z.B. in Ostafrika lassen tausende Menschen verhungern und schlagen Millionen in die Flucht. In der Schweiz gibt es katastrophale Bergstürze. In Deutschland und im Alpenraum nehmen die Auswirkungen von Überschwemmungen, Stürmen, Gewittern immer größere Ausmaße an. In den 1980er Jahren hätten Gewitter in Deutschland laut Münchner Rückversicherung noch Schäden von jährlich rund 200 Millionen Euro verursacht. Heute ist es mit 1,5 Milliarden Euro mehr als das Siebenfache. Alles sind Katastrophenmeldungen der letzten Tage und Wochen in der Mitte des Jahres 2017.
Millionen Menschen werden obdachlos und stehen vor dem Nichts. Kein Hochhausbrand, keine Flugzeugkatastrophe, kein Terroranschlag, so schlimm sie auch sind, hat solche katastrophale Dimensionen wie die Klimakatastrophe. Dabei haben Klimaforscher, Klimaschützer und Grüne Politiker seit Jahrzehnten davor gewarnt: Die Klimakatastrophe wird mit jedem Zehntelgrad Erderwärmung immer schlimmer.
Und nun ist die Klimakatastrophe da mit schrecklichen Ausmaßen und unvorstellbarem Leid; kein fernes Schreckensgemälde der Zukunft mehr, sondern heute mitten unter uns, weltweit. Mal schlägt sie zu in Simbach am Inn, mal in Houston, mal in Mumbai, mal in Portugals verbrannten Dörfern oder in vom ansteigenden Meeresspiegel überschwemmten Südseeinseln. Wen es morgen oder im nächsten Jahr mit katastrophalen Auswirkungen treffen wird, wissen wir nicht. Nur eines wissen wir: es kann jeden auch bei uns treffen und es wird immer mehr immer schlimmer treffen.
Doch wo ist denn die breit gefächerte Analyse in den Medien und in regierungsamtlicher Politik über die Ursachen und die Schuldigen, wie sie sonst bei Katastrophen üblich sind? Warum gibt es keine echte Ursachen- und Verursacheranalyse, um daraus Strategien für das Ende der Klimakatastrophe abzuleiten?
Längst ist doch alles klar: Die heutigen Auswirkungen dieser Klimakatastrophe haben ihre Ursache in den Klimagasemissionen der letzten Jahrzehnte, hauptsächlich verursacht durch das Verbrennen von Erdöl, Erdgas und Kohle in Autos, Heizungen und Kraftwerken. Aber wo ist denn in Verbindung mit der Berichterstattung aus Houston oder Mumbai die Forderungen nach einem Ende jeglicher Klimagasemissionen, die ja genau die Ursache sind? Jeder weiß es, aber dennoch wurde und wird von den Hauptverursachern alles getan, dass die Klimakatastrophe immer schlimmer wird. Fossil betriebene Verbrennungsmotoren sollen weiter das Geschäft von deutschen Autoherstellern befördern, geschützt von Politikern aus Union, SPD und FDP.
Kohlekraftwerke erhielten gar neue Subventionen, statt sie endlich stillzulegen, Erdgasheizungen werden weiter subventioniert und neue Pipelines nach Russland gebaut.
Eine Suche nach den Hauptschuldigen, die Gesetze und Subventionen für weitere Klimagasemissionen schaffen, statt sie abzuschaffen, eine Suche nach Managern von Konzernen, die alles daran setzen, ihre Geschäfte mit Erdöl, Kohle und Erdgas weiter aufrecht zu erhalten, also eine Suche nach den Verursachern der Klimakatastrophe, findet in den großen Medien kaum statt. Eine Suche nach den Hauptverantwortlichen in Medien und Werbewirtschaft, die die Kampagnen der Klimawandelleugner oder die Diffamierungs-kampagnen gegen die Erneuerbaren Energien leiten, gibt es erst recht nicht. Dabei kann man viel Unglaubliches nachlesen und erfahren, wenn man Quellen von Klimaschutzorganisationen, grünen Politikern oder mutigen Journalisten liest, die eben nicht dem Mainstream der Medienlandschaft folgen, die die fossile Wirtschaft schützen.
Anklagen gegen die Verursacher der Klimakatastrophen vor internationalen Tribunalen gibt es genauso wenig wie internationale und nationale Gerichtshöfe, die die Schuldigen für das von ihnen verursachte Leid von Millionen Menschen zur Rechenschaft ziehen. Es wird Zeit, dass endlich Aktivitäten für solche internationalen Tribunale gegen die Hauptverursacher der Klimakatastrophe entfacht werden.
Sicherlich würde als einer der ersten der amtierende US-Außenminister Rex Tillerson, vorher jahrzehntelanger Chef von Exxon, größter US-Ölkonzern, auf der Anklagebank eines Klimakatastrophentribunals landen. So hatten er und sein Konzern bereits seit über 40 Jahren über die Folgen des vom Erdöl verursachten Klimawandels gewusst, aber alles getan, dies zu verschleiern. Exxon hatte auch Kampagnen zur Leugnung des Klimawandels unterstützt. Und im Kanzlerduell hält Kandidat Schulz ihn auch noch für einen sehr ehrenwerten Mann. Tillserson würde wohl antworten, dass er mit dem Erdöl Wohlstand nach Texas gebracht habe. Einen Wohlstand, den heute Millionen von Menschen in Texas nach dem Hurrikan Harvey mit der Vernichtung ihrer Existenzen oder ihres Wohlstandes bezahlen müssen.
Wann werden endlich führende Politiker wie Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel zur Rechenschaft gezogen, weil sie zwar irgendwie über Klimaschutz reden, aber gleichzeitig mit Stützung der Kohlekraftwerke, von Erdgas und von Erdölverbrennungsautos die Klimakatastrophe weiter beschleunigen? Wenn der sogenannten Klimakanzlerin Merkel die Klimakatastrophe wirklich ernst wäre, hätte Sie selbst, genauso wie Martin Schulz, dies aktiv aufgreifen müssen, auch angesichts des Versagens der ARD Moderatoren, die diese alles entscheidende Menschheitsfrage nicht ernsthaft ansprachen. Bei allen Terrortoten werden zu Recht Schweigeminuten bei großen Ereignissen eingelegt. Aber die aktuell tausenden Toten durch Klimakatastrophe spielen im TV-Kanzlerduell keine Rolle – und Kanzlerkandidatin Merkel hält in ihrem TV-Duell Schlusswort die Digitalisierung für die größte Herausforderung.
Doch es sind nicht nur Tillerson, Merkel und Co. aus Politik, Medien und Management, die die alleinige Schuld am Klimawandel tragen. Es ist vielmehr ein kollektives Fehlverhalten von geschätzt über 90 % der weltweiten Bevölkerung, die weiter auf Erdölautos, Erdgasheizungen und Strom aus Kohle setzen. Sie alle behaupten, anders keinen Wohlstand haben zu können, ignorieren das eigene Fehlverhalten, interessieren sich nicht für politische Wahlprogramme zum Klimaschutz. Sie tun Klimaschutz ab als Bedrohung für ihren Wohlstand und begreifen nicht, dass sie früher oder später alle genau diesen Wohlstand durch die Klimakatastrophe verlieren werden.
Kaum jemanden ist bewusst, dass alle Klimagasemissionen die Klimakatstrophe befördern, auch die auf niedrigem Emissionsniveau.
Jede Autofahrt mit fossil betriebenem Verbrennungsmotor, nicht nur mit dem Diesel, jede von Ihnen gekaufte und verbrauchte Kilowattstunde Strom aus Kohle- oder Erdgaskraftwerken treibt die Erdtemperatur nach oben und damit tiefer in die Klimakatstrophe. Eine merkwürdige Stille und Schweigen ist in den Medien über diese so einfach zu beschreibende Ursache der Klimakatastrophe. Doch wie ein Strauß den Kopf in den Sand zu stecken, hat noch niemanden vor Katastrophen gerettet.
Berlin, den 04. September 2017
ein interessanter Artikel steht auch hier : http://www.dgs.de/news/en-detail/080917-die-naechste-runde-im-deutschen-maerchen-vom-sauberen-diesel/