Der Anblick eines Mähdreschers in Bischofsreut ist eine ganz seltene Ausnahme, weil es ja fast keine Äcker mehr gibt. Heuer aber war mal einer da, und er arbeitete – natürlich – für den Naturschutz und das Kulturlandschaftsmuseum der Gemeinde.Die schon mal beschriebenen Ackerflächen in Langreut und Schnellenzipf (https://haibischl.de/getreideanbau-bei-uns-ist-das-vertane-muehe/)dienen ja keinen wirtschaftlichen Interessen, sondern zum einen dem Erhalt der Artenvielfalt, und zum anderen als Beispiel historischer Landwirtschaft.
Angebaut werden ausschließlich regionaltypische Pflanzen- und Getreidesorten, wie Hafer, Buchweizen, Roggen und Leinsamen.
Die Ernte übernehmen in der Regel Wildtiere, der Ertrag wird also der Natur überlassen. Diverse Vogelarten, Hasen, Rehe und Hirsche nehmen die willkommene Zusatzkost dankbar auf, heuer haben sich sogar die Wildschweine dazugesellt, ein Zeichen, dass die Sauen auch bei uns stark zunehmen.
Alle vier bis fünf Jahre jedoch versuchen wir, wenigstens einen Teil des hochwachsenden Winterroggen selbst zu ernten, um ihn die kommenden Jahre als Saatgut verwenden zu können. Es ist nämlich gar nicht so leicht und auch nicht billig, alljährlich mehrere Zentner der alten Sorten für die Neusaat aufzutreiben, davon kann Robert Rossa ein Lied singen. Heuer wars gerade noch rechtzeitig, bevor der Großteil der Ähren v.a. dem Rot- und Schwarzwild zum Opfer fielen. Herr Weiß, der mit seinem modernen Mähdrescher geduldig die Einzelflächen aberntete, schätzt aber bereits gut 20% Verluste.
Für den Lohnunternehmer ist es eine willkommene Abwechslung, mal „halbwilde“ Felder mit vielen eigentlich störenden Ackerunkräutern zu bearbeiten, kann er doch so die hochmodernen Reinigungsfunktionen seiner Riesenmaschine testen. Neben der absichtlich beigemischten Kornrade kommen vermehrt Ackerdisteln und Roggentrespe auf.
Der Ertrag ist sowieso nicht annähernd vergleichbar mit einem modern bewirtschafteten Triticale-Feld, auch wars heuer sehr trocken, aber was rauskam, reicht uns wieder für einige Jahre. Habe mit Herrn Weiß eingehend das Erntekorn begutachtet, er ist ja Fachmann. Das Korn ist gut, was auffällt im Vergleich zu „normalen“ Kornfeldern, sind die unzähligen mitgeernteten Insektenarten, das gibt’s wohl nur wegen der extensiven Anbauweise. Einige Käfer, Heuschrecken und Spinnen haben die Prozedur zwar nicht überlebt, aber wir haben nur die Hälfte der Anbaufläche abgeerntet, der Fortbestand ist gesichert!
Übrigens: wenn jemand Interesse hat, selbst mal auf einigen m² Winterroggen mit Kornradeblumen anzubauen, der kann sich gerne bei mir etwas Saatgut besorgen! Die Ansaat sollte dann schon Mitte September erfolgen – die Körner treiben sofort aus! Nach Überwinterung in Schnee und Eis schießen die Pflanzen dann im Frühjahr richtig raus, werden an guten Standorten bis zu 2 Meter hoch! Das wäre auch mal eine Alternative zum Zierschilf aus dem Baumarkt!