Obwohl die Bundesregierung sich der Stimme – FDP bedingt – enthalten hatte und damit faktisch gegen die Einführung des Lieferkettengesetzes war, wurde die Richtlinie nach wochenlangen Blockaden nun von einer Mehrheit der Mitgliedstaaten angenommen.
Der nun beschlossene Text sieht unter anderem vor, dass das Gesetz zunächst nur für sehr große Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitenden gelten soll, nach einer mehrjährigen Übergangsphase dann für Unternehmen mit 1000 Mitarbeitenden und mindestens 450 Millionen Euro Jahresumsatz. Zudem können Regierungen die Rechte von Gewerkschaften und NGOs, die sich für Überlebende von Menschenrechts-verletzungen durch Unternehmen einsetzen, beschränken.
„Für die Menschen, deren Rechte in den Lieferketten deutscher und europäischer Unternehmen verletzt werden, ist es eine gute Nachricht, dass die EU sich doch noch auf ein Lieferkettengesetz geeinigt hat. Dieser Fortschritt ist in erster Linie dem unermüdlichen Einsatz der belgischen EU-Ratspräsidentschaft und der Kompromissbereitschaft anderer EU-Staaten zu verdanken. Die Bundesregierung hat dagegen mit ihrer kategorischen Enthaltung nicht nur den Ruf Deutschlands als verlässlicher Verhandlungspartner nachhaltig beschädigt, sondern ist auch mitverantwortlich für die massive Abschwächung des Gesetzes in letzter Sekunde“, kommentiert Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros von Germanwatch. „Dass das Gesetz nun zunächst nur noch für schätzungsweise 0,01 Prozent der europäischen Unternehmen gelten soll, ist äußerst bitter.“
Trotzdem hieß es am Schluss: „Wir begrüßen, dass sich die Mitgliedstaaten – spät aber doch – zu einer Zustimmung durchgerungen haben. Das Lieferkettengesetz legt den Grundstein für eine klimagerechtere Welt und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Es bietet endlich einen rechtlichen Rahmen um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen, die von Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit profitieren“
Nach der Bestätigung im Rat der EU muss das Lieferkettengesetz im nächsten Schritt noch vom EU-Parlament abgesegnet werden. Die endgültige Unterschrift unter das Gesetz durch die Mitgliedsstaaten wird wegen der Verzögerungen durch die Nachverhandlungen voraussichtlich erst in der kommenden EU-Legislaturperiode erfolgen.
Inwiefern das Gesetz, das erst 2032 vollumfänglich in Kraft treten wird, eine Wirkung entfalten kann, bleibt abzuwarten. Auch das deutsche Lieferkettengesetz war stark verwässert worden. Aktuell laufen dennoch unter dem deutschen Lieferkettengesetz erste Fälle an. Betroffene aus verschiedenen Ländern haben mit Anwält*innen des European Constitutional Centre for Human Rights (ECCHR) beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Beschwerden eingelegt, u.a. gegen Rewe und Edeka, VW, Mercedes und BMW sowie Amazon und Ikea. So sehen wir die Entscheidung trotz der Abschwächung des EU-Gesetzes als gute Nachricht, da Menschenrechtsverteidiger*innen nun ein weiteres Instrument für die Stärkung der Menschenrechte in globalen Lieferketten an die Hand bekommen.
Pressemitteilung zum abgestimmten Lieferkettengesetz.