von Detlef Koschny, Mitarbeiter bei der ESA
Seit nunmehr vier Jahren haben wir ein Ferienhaus in Haidmühle. Einer der Gründe warum wir dorthin wollten war die Nähe zur Natur. Das beinhaltet nicht nur Wald, Moor, und Vögel, sondern auch den Sternenhimmel, der hier – wie in nur wenigen Gebieten in Deutschland – noch hervorragend zu geniessen ist. Der Grund: Im Woid ists finsta. Nicht nur den Milchstrassenfetischisten, sondern auch den Bienen und anderen Insekten und Vögeln gefällt das. Es ist mittlerweile erwiesen, dass einer der Gründe, warum Insekten immer weniger werden, unsachgemässe Beleuchtung ist (z.B. Grubisic et al. 2018, Annals of Applied Biology, hier die Zusammenfassung. Nachfolgend ein paar Informationen zu diesem Thema, in der Hoffnung dass bei uns Licht sinnvoll eingesetzt wird und nicht zum „Verlust der Nacht“ führt.
Der Mensch, sowie jedes andere Lebewesen hat sich auf den Tag-Nacht-Zyklus eingestellt. Wenn es finster ist, schlafen wir; ist es hell sind wir wach. Neben CO2, Feinstaub, und Elektrosmog wird aktuell auch immer mehr die drastische Zunahme an Beleuchtung zum Problem – die sogenannte Lichtverschmutzung. Diese hat verschiedenste Folgen. Beobachten Sie doch mal die typische Haidmühler Strassenlampe in einer Sommernacht. Da schwirren haufenweise Insekten rum. Die glauben, dass es noch Tag ist – oder, wie z.B. Bienen, versuchen sich an einem vermeintlichen Mondlicht zu orientieren. Bis sie aus Erschöpfung abstürzen.
Bei Menschen wird die Produktion des zum Schlafen notwendigen Melatonin durch blaues Licht reduziert. Bei uns glücklicherweise noch kein grosses Problem, weil unsere Strassenlampen hauptsächlich im Gelben leuchten. So sollte das auch bleiben. Unsachgemässe Beleuchtung kann aber auch Blendung verursachen, siehe Bild 1. Das oft benutzte Argument „Nur wenn es hell ist, sind wir sicher“ wird dann bedeutungslos wenn wir durch Lampen geblendet werden, und die Schatten dadurch umso dunkler sind. Und ausserdem: Licht braucht Strom, und Strom kostet Geld.
Was also sollten wir tun? Alle Lampen ausschalten? Keineswegs! Aber wir sollten uns überlegen, was und wie wir beleuchten. Strassenlampen die in alle Richtungen leuchten – anstatt nur auf die Strasse – beleuchten unnötigerweise Hauswände, Schlafzimmerfenster, können blenden, und kosten mehr Strom (Bild 2 zeigt meine Hauswand – die eigentlich nicht unbedingt beleuchtet werden braucht).
Das Bild 3 zeigt wie eine gute Strassenlampe aussieht. Das Licht sollte auf die Strasse gelenkt werden, also nur nach unten abstrahlen. Sogenannte „abgeschirmte“ Leuchten tun das. Wenn ich anstatt in alle Richtungen zu leuchten (Zeichnung ganz links) nur nach unten leuchte, brauche ich für die gleiche Helligkeit auf der Strasse nur 10-20 % der Energie (also Geld – Zeichnung ganz rechts). Da können wir in Haidmühle beim der nächsten Lampenerneuerung sicherlich noch etwas verbessern.
Auch bei privaten Aussenbeleuchtungen sollte man auf diese Punkte achten. Irgendein Architekt redet aktuell den Leuten ein, dass man seine Aussenwände mit Lampen, die sowohl nach oben und nach unten leuchten, bestücken muss. Aber: Damit ist allenfalls der Elektrizitätsgesellschaft geholfen, die doppelt soviel Strom verkaufen kann. Sinnvoll ist das nicht. Auch dass viel Licht gegen Einbrüche hilft ist ein Gerücht. Im Gegenteil: Auch Einbrecher profitieren davon, dass „wo Licht, da auch Schatten“. Am wirkungsvollsten gegen Einbrecher sind wohl (nach unten gerichtete!) Lampen, die nur bei Bewegung angehen.
Wo wir in der Gemeinde richtig liegen, ist die Leuchtfarbe – orange ist gut! Blauanteile im Licht nicht. Gerade wer bei Aussenbeleuchtung auf LEDs umstellt, sollte drauf achten, sogenannte „Amber“ (Bernstein) Farben zu wählen. Die sind angenehmer für das Auge und nicht so negativ für die Melatolinproduktion.
Lichtverschmutzung ist mittlerweile auch von der Europäischen Union als Thema anerkannt. Aktuell wird bei uns ein Projekt „Lichtverschmutzung – gemeinsames Verfahren“ gefördert. Zusammen mit Tschechischen Kollegen und mit dem Nationalpark Bayerischer Wald wird daran gearbeitet, Methoden zur Vermeidung von Lichtverschmutzung zu entwickeln. Es gibt auch eine Ausstellung, die man sich aktuell in Zwiesel anschauen kann. Dieses Projekt wird noch bis Mitte 2021 gefördert, und beinhaltet z.B. eine komplette Personalstelle. Da sollten wir auch mitmachen. Eines der Ziele dieser Aktivität ist es, den Nationalpark zu einer „Dark Sky Reserve“ zu machen. Das ist schon in anderen Gegenden in Deutschland erfolgreich gewesen, z.B. in der Rhön, dem Westhavelland und in der Eiffel. Dort mittlerweile nicht nur, um der Natur zu helfen, sondern auch um Touristen anzuziehen, die sich für Natur und Umwelt und die Sterne interessieren.
Basierend auf einer Petition gegen das Bienensterben hat Bayern Gesetze zum Schutz der Nacht erlassen. Seit 1. August 2019 dürfen öffentliche Gebäude und Werbeflächen ab 23 Uhr abends nicht mehr angeleuchtet werden. Das sollten wir uns auch als Privatpersonen und Firmen zu Herzen nehmen. Gerade in unserer Gegend ist es unwahrscheinlich, dass ein beleuchtetes Werbeplakat nach 23 Uhr noch jemand liest. Auch lese man den Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Aussenbeleuchtungsanlagen des Bundesamtes für Naturschutz.
Fazit: Ich bitte alle Leser, sich zu fragen: Brauchen wir wirklich nächtliche Beleuchtung? Wenn ja – beleuchtet sie nur, was sie beleuchten soll? Oder verschwenden wir Energie, um den Himmel oder Nachbars Garten (oder gar Schlafzimmerfenster) zu beleuchten? Kommt nach 23 Uhr noch jemand vorbei, sieht da noch jemand unsere Reklame oder Haustür? Oder können wir noch mehr Strom sparen indem wir die Lampe einfach ausschalten? Und wenn es dann dunkel ist: Denkt an die Bienen, die nun in Ruhe schlafen können – und schaut Euch die Milchstrasse am Himmel an, die man in einer normalen Stadt gar nicht mehr sehen kann!
Daumen hoch. Her Koschny hat es auf den Punkt gebracht. Prima.
Solche Menschen brauchen wir mehr, die den Wert der Natur erkennen, für Einwohner, Touristen und auch Tiere.