von Gastautor H.J. Fell
Liebe Leserinnen und Leser,
Schülerdemos für den Klimaschutz brauchen nun volle Solidarität der Erwachsenen und keine Schulstrafen. Kultusminister sollten besser im Kabinett Klimaschutz einfordern.
Eine neue internationale Massenbewegung von Jugendlichen für den Klimaschutz bahnt sich an. Sie gibt Hoffnung, genügend Druck zu erzeugen, damit Klimaschutz endlich stattfindet. Die weltweiten CO2-Emissionen sind 2018 auf Rekordniveau und in Deutschland sind die Klimaschutzaktivitäten seit Jahren zum Stillstand gekommen. Mit großen Schritten rast der Planet Erde in eine für die menschliche Existenz unbeherrschbare Heißzeit.
Das erkennen nun mehr und mehr Schüler und Schülerinnen. Sie folgen einem Aufruf der schwedischen Schülerin Greta Thunberg. Jeden Freitag wollen immer mehr Schüler und Schülerinnen den Unterricht schwänzen und stattdessen auf ihre Existenzgefährdung hinweisen.
Erstmals haben mit dieser Aktion in Deutschland etwa 30 000 Schüler und Schülerinnen letzten Freitag für mehr Klimaschutz demonstriert. (https://www.tagesschau.de/inland/schueler-klimaschutz-101.html)
Zu Recht weisen sie darauf hin, dass es keinen Sinn macht, die jungen Menschen heute gut auszubilden, ihnen aber keine Chance zu geben, als Erwachsene lebenswürdig zu leben. „Warum lernen, ohne Zukunft?“ steht auf den Plakaten.
Die Reaktionen der Kultusminister sind beschämend. Zwar äußern sie wie der Bayerische Kultusminister verhalten Verständnis für das Anliegen, weisen aber sofort drauf hin, dass Schüler-Streiks nicht erlaubt sind und die Schulleiter verpflichtet seien, die Schulpflicht einzufordern.
(https://www.br.de/nachrichten/bayern/schulstreik-fuer-klimaschutz-piazolo-erinnert-an-schulpflicht,RFPCrzn)
Erschreckend ist, dass die Kultusminister nicht wirklich auf das Anliegen der Schüler Proteste eingehen. Keiner von ihnen hat angekündigt, dass die Regierung die bisherige versagende Klimaschutzpolitik ernsthaft korrigieren wolle.
Sie mahnen nur an, dass die Schüler die Proteste in die schulzeitfreien Zeiten verlegen. Doch dann hätten die Schülerproteste die Wirkungslosigkeit wie Millionen von Demonstrationen und Protesten in den letzten 30 Jahren.
Die weltweiten Schülerproteste können sich über den friedlichen zivilen Ungehorsam zu einer erfolgreichen Massenbewegung entwickeln. So wie sie von Mahatma Gandhi in der indischen Unabhängigkeits- und Freiheitsbewegung erfolgreich initiiert wurde oder wie sie die 68er Studenten-Bewegung in Deutschland auf den Weg brachte. Ich weiß noch zu gut, wie viel Gegenwind ich als Schüler 1968 und in den darauffolgenden Jahren für die Forderung der Ziele Frieden, Umweltschutz, Freiheit und Gerechtigkeit erfahren habe.
Die Maßnahme des zivilen Ungehorsams (Hinwegsetzung über das Schüler-Streikverbot) ist mehr als angebracht. Viele der Regierungen, mitsamt ihren Kultusministern sind ja nicht bereit eine wirklich wirksame Klimaschutzpolitik mit 100% Erneuerbaren Energien und flächendeckender Biolandwirtschaft umzusetzen. Und genau deshalb findet ja kein wirksamer Klimaschutz statt.
Die Schüler und Schülerinnen brauchen nun die große Solidarität der Erwachsenen.
Denn die Androhung von Verweisen und anderen Schulstrafen durch die Kultusminister wegen Missachtung des Streikverbotes lässt Schlimmes ahnen.
Mit Sicherheit werden die Hardliner in den Regierungen keinen schnellen Kohle-, Erdöl- und Erdgasausstieg beschließen, um die Schülerproteste zu beenden.
Daher werden die Schülerstreiks viele Monate anhalten müssen.
Einige Lehrer und sogar Schuldirektoren haben die Schülerdemos begleitet. Ein gutes Zeichen! Doch Lehrer, Direktoren, Eltern werden sich zu großer Solidarität organisieren müssen, damit sie die besonders engagierten Schüler und Schülerinnen schützen, die die Demos organisieren. Diese engagierten jungen Menschen sind es, die wir in einer Welt brauchen werden, die endlich alle notwendigen Aktivitäten für wirksamen Klimaschutz durchsetzen werden. Genau sie dürfen nun nicht durch Verweise und Schulentlassungen bestraft werden. Im Gegenteil – sie bedürfen besonderer Anerkennung für ihren Mut.
Ich fordere daher die gesamte Erwachsenenwelt auf, die Schülerdemos jeden Freitag zu unterstützen und insbesondere über Elternbeirat, großflächige Solidaritätsbekundungen und Proteste an bestrafende Schulbehörden diese weltweiten Schuldemos für den Klimaschutz aktiv zu unterstützen.
Es geht um mehr als um solche schon sehr großen Ziele im zivilen Ungehorsam, wie damals in Indien unter Mahatma Gandhi. Es geht schlicht um die Existenzsicherung der Menschheit und damit der Lebensgrundlagen der jetzt protestierenden Schülergeneration. Daher brauchen sie jetzt die volle Solidarität und Unterstützung der Erwachsenen, gegen eine sich anbahnende Bestrafungsaktivität der Kultusminister.
Um die Schülerstreiks zu beenden gibt es nur einen Weg: Endlich wirksamen Klimaschutz politisch auf den Weg zu bringen.
Die Kultusminister sollten sich also nicht bestrafend gegen die engagierten Schüler und Schülerinnen richten. Sie sollten sich viel mehr in ihren Regierungskabinetten einsetzen und ihre Kollegen – Wirtschafts-, Agrar-, Verkehrsminister und Ministerpräsidenten – drängen, endlich Ziele und Aktivitäten für 100% Erneuerbare Energien und Biolandwirtschaft zu beschließen. Wenn sie dies nicht erreichen, sollten sie besser zurücktreten als engagierte Schüler und Schülerinnen zu bestrafen, die sich mit Mut und zu Recht mit zivilem Ungehorsam für ihre Zukunft und das Überleben der Menschheit einsetzen.
Hammelberg, 21. Januar 2019
Ihr Hans-Josef Fell
fell@hans-josef-fell.de
www.hans-josef-fell.de
Twitter: @HJFell
Demo in Passau: hier ist der Videoclip
und die offizielle Webseite
Den Text von Ihrem Gastautor H.J.Fell würde ich aus tiefster Überzeugung unterschreiben. Und ich will mich auch solidarisieren, aber ich nutze kein Smartphone o.ä..
Deshalb meine Frage: Wie erfahre ich, wo und wann die Schüler – am besten natürlich in meiner Nähe – demonstrieren, damit ich mich anschließen kann?
G.E.
Antwort der Redaktion:
Hallo lieber G.E.,
Finde ich sehr gut, dass sie diesem Streik so positiv gegenüberstehen! Und sich eventuell sogar daran beteiligen!
Am einfachsten ist es natürlich diese Informationen mit dem Computer oder Smartphone über das Internet zu suchen. Wenn beides nicht möglich ist bleibt eigentlich nur noch übrig Zeitung zu lesen bzw. mit einem der Organisatoren der Schülerstreiks zu sprechen.
In Passau gibt es seit kurzem eine Gruppe unter dem Namen „Friday for Future“. Die nächste Demo in Passau wird stattfinden am Freitag, den 8. Februar ab 11:30 Uhr mit einer Versammlung an der Cagnes-sur-Mer-Promenade in Passaus neuer Mitte und einem anschließenden Zug über die Ludwigstraße auf den Ludwigsplatz um dann weiter in den Heuwinkel zu ziehen. Von dort geht es über den Rindermarkt in den Steinweg und dann in die große Messergasse und auf den Residenzplatz. Die Abschlusskundgebung findet dann am Rathaus statt.
Gedanken eines Großvaters nach einer Schülerdemonstration „fridays for future“
Versetzen wir uns einmal in die Lage der demonstrierenden Schüler. Die haben offensichtlich schneller als viele Erwachsene verstanden worum es geht. Das weltweite Abschmelzen der Gletscher oder der vergangene Hitzesommer beweist ihnen, dass die Warnungen der Klimaforscher berechtigt sind: Das Tempo der Erwärmung nimmt rapide zu. Auf sie, die biologisch dreißig oder mehr Jahre statistische Lebenserwartung haben könnten, warten statt dessen sintflutartige Regengüsse, Schlammlawinen, Missernten, Hungersnöte, Untergang der küstennahen Millionenstädte, klimabedingte Flüchtlingsströme, Dürreperioden, unerträgliche Hitze sogar in der Nacht, Mangel an Trinkwasser und immer fürchterlichere Flächenbrände.
Und das Schlimmste: keine Hoffnung, dass es je wieder besser wird.
Auf einer der Spruchtafeln am Freitag war der verzweifelte Spruch zu lesen: „Ihr liegt bald im Grabe. Aber wir sitzen dann hier bei 60 Grad Celsius“.
In mir kocht die Empörung hoch: Was unser Wirtschaftssystem derzeit praktiziert, sind Menschenopfer, genauer gesagt Kinderopfer zur Verbesserung der Fossil-Konzern-Gewinne.
Ausführlicher unter
http://www.sfv.de/artikel/meine_stellungnahme_zu_fridays_for_future.htm
Eltern und Großeltern, lasst Eure Nachkommen jetzt nicht im Stich, wenn uneinsichtige Schulbehörden, Schulleiter oder Lehrer mit Sanktionen drohen. Im Kampf gegen den Klimawandel sollten die Generationen zusammenstehen.
And fridays for future!
WvF