Kintsugi (金継ぎ, dt. „Goldverbindung, -flicken“) oder seltener Kintsukuroi (金繕い, „Goldreparatur“) ist eine traditionelle japanische Reparaturmethode für Keramik. Keramik- oder Porzellanbruchstücke werden mit Urushi-Lack geklebt, fehlende Scherben werden mit einer in mehreren Schichten aufgetragenen Urushi-Kittmasse ergänzt, in die feinstes Pulvergold oder andere Metalle wie Silber und Platin eingestreut werden. In Anlehnung an Streubilder (maki-e) entstehen die für Kintsugi charakteristischen Dekorationseffekte.
Kintsugi („goldene Verbindung“) hatte einen pragmatischen Anfang. Urushi, eine Lösung aus dem Saft des japanischen Lackbaums, wurde vor mehr als 3.000 Jahren erstmals in der Jomon-Ära zur Reparatur von Töpferwaren verwendet. Die Zugabe von Gold oder Silber zur Verherrlichung der Restaurierung kam mit der zeremoniellen Teekultur, die im Japan des 16. und 17. Jahrhunderts florierte. Glitzernde Korrekturen verstärkten ihre Anziehungskraft und wiesen auf die Zen-beeinflusste Wabi-Sabi-Ästhetik hin, die alles schätzte, was „alt, abgenutzt und von Traurigkeit geprägt“ war.
Vor dem Hintergrund des sich stärker verbreitenden Zen-Buddhismus entwickelte sich im Japan des 16. Jahrhunderts auf Betreiben einiger Teemeister trotz des Widerstandes der wohlhabenden Klasse, welche die Teezeremonie als Tradition zur Vorführung von Glanz und Luxus betrieb, ein neues ästhetisches Prinzip – Wabi Sabi. Die japanische Wabi-Sabi-Ästhetik reicht von einer metaphysischen Basis über geistige Werte, moralische Vorschriften bis hin zur stofflichen Qualität, die auch in der Teekunst zum Ausdruck kommt und sich auf viele Bereiche der Kunst und Kultur auswirkt. Die Einfachheit und die Wertschätzung der Fehlerhaftigkeit stehen im Zentrum dieser Anschauung. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich Kintsugi – die Goldverbindung, die den Makel hervorhebt.
Kintsugi ist im Westen in Mode gekommen, auch wenn es nicht unter diesem Begriff bekannt ist. Hierzulande geht es mehr um Ausdrücke wie reparieren, recyceln, wiederverwenden… im Zuge der unbedingt nötigen Ökologisierung unseres Lebens. Die Anhänger reichen dabei von Kuchenbäckern, Schmuckmachern, Kleidungs- und Möbelaufbereitern bis zu Designern und natürlich den Kunden/Anwendern.
Wie Bonnie Kemske es in ihrem Buch „Kintsugi“ über das Handwerk und die Überlieferung der Methode formuliert, nimmt das goldene Puzzle eines mit Kintsugi behandelten Stücks „einen Unfall und verwandelt es in eine herrliche Wiedergeburt“. Verführerisch ist, dass die Technik einen beschädigten Schatz nicht nur repariert, sondern ihn auch schöner und wertvoller macht. Die Idee eröffnet eine „faszinierende Welt der Schönheit, Erzählung und Metapher“. Kintsugi verbirgt niemals die Geschichte des Schadens des Objekts“. Es verspottet „unsichtbare Reparaturen“ und fordert „das Stigma der Reparatur“ heraus. Stattdessen weisen Fehler, Absplitterungen und Risse den Weg zu einer neuen Ganzheit die alte Verluste und Brüche umfasst. Bonnie Kemske zitiert Leonard Cohen: „Es gibt einen Riss, einen Riss in allem / So kommt das Licht herein.“