Von Gastautor Sven Giegold, Staatssekretär im BMWK
nach der Einigung zur verbindlichen Lastenverteilung beim Klimaschutz (ESR) kam vor einigen Tagen das nächste starke Signal der EU an die Klimakonferenz: Zu sehr später Stunde hat die EU sich auf rechtsverbindliche höhere Verpflichtungen zur Speicherung von Treibhausgasen bei der Landnutzung geeinigt und zeigt damit mehr Ambition beim Klimaschutz.
Die neue LULUCF-Verordnung (LULUCF steht für: land use, land use change and forestry) regelt die Einspeicherung von CO2 im Boden und in Wäldern. Gestern Nacht haben sich die Verhandlungsteams von Europaparlament, EU-Mitgliedsstaaten und EU-Kommission im Trilog geeinigt, bis 2030 310 Millionen Tonnen CO2 in Böden und Wäldern zu binden.
Damit wird überall in Europa die Waldnutzung natürlicher, mehr Humus wird auf landwirtschaftlichen Flächen im Boden bleiben und Moore werden nasser bleiben. Damit nützt Klimaschutz auch naturnäherer Landwirtschaft und dem Naturschutz! Europaweit wird damit kontrolliert, dass Moore und Feuchtgrünland unter dem Strich nicht mehr trockengelegt werden und Wälder über ältere Bäume mehr CO2 speichern. Genauso wird überwacht, dass die Agrarflächen in Zukunft CO2 über Humusbildung speichern. Das ist wirklich wichtig!
Die reformierte Verordnung verpflichtet nun Europa und seine Mitgliedsstaaten, den negativen Trend bei der Landnutzung umzukehren. Denn derzeit nimmt die Speicherung von CO2 im Boden und in Wäldern ab. In Zukunft muss und wird sich dies ändern. Rechtsverbindlich.
Bisher konnten wir nur 225 Millionen Tonnen in unser Klimaziel einrechnen. Mit der Einigung zum LULUCF kann die EU nun -57% Treibhausgasminderung bis 2030 gegenüber 1990 melden. Das stärkt die Verhandlungen bei der laufenden Klimakonferenz in Sharm El Sheikh!
Zudem wird die Überwachung der Zielerreichung durch die Mitgliedsstaaten gestärkt. Dafür hatte sich auch unsere Bundesregierung eingesetzt. Dieser Erfolg ist gerade auch der Zusammenarbeit mit dem Europaparlament zu verdanken! Berichterstatter ist der finnische Grüne Ville Niinisto. Gleichzeitig erhalten die Mitgliedstaaten Flexibilitäten, damit z.B. die Folgen wettermässiger Extreme nicht zur Zielverfehlung führen. Die Erreichung der Ziele für die EU bis 2030 wird aber trotzdem verbindlich sichergestellt.
Die LULUCF-Verordnung wird nach der Reform ab 2026 näher an die Architektur der vorgestern gestärkten EU-Klimaschutz-Verordnung (ESR) herangerückt. So wird jeder Mitgliedstaat auf ein Ziel zur Verbesserung der Senke gegenüber einem Basiszeitraum verpflichtet (hier 2016-18).
Mit diesem Deal schreitet die Europäische Union konsequent voran, alle Gesetze im Rahmen des Fitfor55-Pakets zu beschließen. Jetzt kommen sehr bald die Schlussverhandlungen zur Stärkung des Emissionshandels ETS und der Klimasozialfonds!
Das Verhandlungsergebnis muss noch durch das Plenum des Europaparlaments und den Rat der Mitgliedsländer bestätigt werden. Die Verordnung ist direkt anwendbar. Eine Übertragung in nationales Recht ist nicht nötig. An der Bestätigung des Ergebnisses im Plenum des Europaparlaments und durch die Mitgliedsländer besteht kein Zweifel.
Bei aller Freude über die Einigung gehört auch zur Wahrheit: Europa ist damit ambitionierter als andere Regionen auf der Welt. Aber: Wir sind noch nicht auf 1,5 Grad Pfad. Dazu müssen wir mehr tun und brauchen weiter politischen Druck aus der Zivilgesellschaft und engagierter Wirtschaft!
Deswegen meine Bitte: Teilt meinen Tweet und schickt diese E-Mail an Interessierte weiter: https://twitter.com/sven_giegold/status/1590995045460901888
Mein großer Dank an die Beamt*innen bei uns im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), die über mehrere Jahre für diesen Erfolg gearbeitet haben. Die Projektgruppe GreenDeal schreibt Geschichte!
Hinter den Kulissen arbeite ich mit dem großen Team im BMWK weiter an der Koordinierung der deutschen Bundesregierung bei der EU-Gesetzgebung im Klimaschutz unter dem Europäischen Green Deal. Viele wichtige Gesetze kommen in den nächsten Wochen!