Auf Spurensuche in Stejarişu – Probstdorf

Ein Urlaub der anderen Art in Stejarişu – Probstdorf, Rumänien.

In Siebenbürgen, Rumänien sind ganze Dörfer vom Aussterben bedroht, ersichtlich an den vielen leer stehenden Hausruinen. Um dem entgegenzuwirken entwickelte Agramonia, eine lokale Initiative, ein Konzept vor allen Dingen in Richtung Tourismus und lokalen Produkten unter dem Stichwort: „Entdecke die einzigartige ländliche Kultur Siebenbürgens. Überzeuge Dich von der Gastfreundlichkeit der Menschen hier. Von lokalen Produkten bis hin zu Workshops mit Landwirten – auf Agramonia findest Du alles für den perfekten Landurlaub!“

Eines der vielen Projekte bestand im Umbau des alten deutschen Schulhauses in Stejarişu in ein Gästehaus mit Restauration in einem separaten Gebäude.
Als Dank für die Unterstützung bei diesem Projekt vor einigen Jahren folgte die Einladung zu einem Aufenthalt in eben diesem Gästehaus, hervorragend mit Essen und Trinken im gegenüberliegenden Restaurant versorgt.

Schon nach kurzer Zeit kam es zu ersten Kontakten mit der einheimischen Bevölkerung und den sogenannten Sommersachsen. Als besonders segensreich erwies sich der Kontakt mit Erich. Kaum hatten wir ihn kennengelernt hatte er auch schon die Tür zur Wehrkirche aufgesperrt um diese erstaunliche Anlage zu zeigen.

Vor mehreren Jahren hörte der Erlebnispädagoge Erich, dass es in Rumänien, speziell Siebenbürgen Dörfer gibt, die mehr und mehr verwaisen. Er berichtete uns von der großen Einwanderungswelle von Deutschen nach Rumänien die vor mehr als 800 Jahren begann. Die Siedler erhielten damals großzügige Sonderrechte, konnten so den beengten und politisch teilweise repressiven Systemen in Deutschland entgehen und sich eine neue Existenz aufbauen.

Ein großer Teil der Nachkommen dieser Siedler kam in den letzten 35 Jahren beginnend mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems wieder auf Dauer zurück nach Deutschland. Viele verließen das Land auch um einfach nur Arbeit zu finden und etwas Geld zu verdienen. Die Folge ist deutlich am Zustand vieler Häuser zu sehen. Eine ganze Anzahl steht leer und verfällt, ein Teil wird von den meist pensionierten sogenannten Sommersachsen allmählich als Ferienhaus wieder hergerichtet. Auch kommt der eine oder andere Rumäne nach einigen Jahren Geldverdienen im Ausland wieder in die alte Heimat zurück.

Dieser historischen und aktuellen Tatsachen bewusst entschloss sich Erich nach seiner Pensionierung in eines dieser Dörfer zu übersiedeln, obwohl er ansonsten keinerlei Bezug zu Rumänien hatte!

Mittlerweile wohnt er mit seiner Frau Gerda gut integriert in Stejarişu, dem ehemaligen Probstdorf in der Nähe von Sibiu, ehemals Hermannstadt.

Mit seiner pädagogischen Erfahrung, viel Engagement und sozialer Einstellung hat er seitdem eine ganze Menge bewirkt. Das geht vom Mähen des Fußballplatzes, Gärtnerarbeiten um die Wehrkirche, dem unaufgeforderten Auswechseln kaputter Glasscheiben im Gemeindehaus, einer Müllsammelaktion, dem Start der Aktion eine Gemeindehelferin einzustellen bis zur Gründung einer -vornehm ausgedrückt- „Filz-Manufaktur“.
Dazu wurde einigen interessierten Dorffrauen gezeigt wie das mit dem Filzen funktioniert. Der Rest erfolgte durch „Learning by doing“ und der Weitergabe dieses Wissens an andere Bewohnerinnen von Stejarişu. Daraus entstand ein Pool von Dorffrauen die abwechselnd in der Filzwerkstatt arbeiten und damit zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Dort werden Hausschuhe in allen Farben und Größen gefilzt. Es ist eine aufwendige Arbeit und so stellt eine Mitarbeiterinnen im Schnitt 1 bis 2 Paar Hausschuhe pro Tag her. Verkauft werden sie dann in Deutschland über Kontakte von Erich und Gerda.

Noch wurde Rumänien nicht als Reiseland entdeckt! Es ist ein wunderschönes, weites und dünnbesiedeltes Land mit jeder Menge Geschichte und Natur die es zu entdecken gibt. Übrigens ist das sehenswerte Timisoara/Temeswar dieses Jahr europäische Kulturhauptstadt!

Die Hauptverbindungsstraßen sind gut ausgebaut und mit einem fahrbaren Untersatz kommt man ziemlich gut herum, auch mit dem Elektromobil!

Und hier gibt es einen 18 min Film über Stejarişu.

Bemerkung zum Titelbild: Bären können hier tatsächlich noch in freier Wildbahn bzw. sogar im Dorf selbst erlebt werden!

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Haibischl