Vom Eisernen Vorhang zum Grünen Band Europa

Drei Bücher vom Abschnitt Bayern-Tschechien, erschienen im Sommer 2023, herausgegeben vom BUND Naturschutz in Bayern, ein Gemeinschaftswerk vom BUND-Mitglied Dr. Reiner Cornelius und Gunhild Classen

 

Am 27.05.2019 erschien in „engagiert“, dem Magazin des Katholischen Frauenbunds, der Artikel „Auf Entdeckungstour am Grünen Band Vom Todesstreifen zur Lebenslinie“. Dort wird auf die sieben Bände umfassende BUND-Buchreihe von Reiner Cornelius zum innerdeutschen Grünen Band hingewiesen und zugleich vermerkt, dass ein achter Band, der das Grüne Band entlang der deutsch-tschechischen Grenze beschreibt, in Vorbereitung sei und voraussichtlich 2020 erscheinen werde. So dachten die Autor*Innen Reiner Cornelius und Gunhild Classen damals. Doch sie waren vom Grünen Band Bayern-Tschechien so überwältigt, dass sie drei Jahre unterwegs waren. Auf der Basis ihrer Recherchen und Gesprächen mit den Menschen beiderseits der Grenze sind nun drei Bände erschienen.

 

In den Büchern zum Grünen Band Bayern-Tschechien geht es

– um das Natur- und Kulturerbe auf beiden Seiten der Grenze und um die Geschichte des Eisernen Vorhangs der ČSSR

– um von wildem Grün überwachsene Ruinen der in den 1950er und 1960er Jahren auf tschechischer Seite zerstörten Grenzdörfer

– um die Restaurierung von Friedhöfen, Kirchen und Kulturdenkmalen der vertriebenen Deutschböhmen sowie um Gottesdienste in deutscher Sprache in tschechischen Grenzorten

– um die Annäherung und den Austausch von Tschechen und Deutschen durch grenzübergreifende Projekte in den Bereichen Kultur und Naturschutz

– um das Leben in tschechischen Grenzstädten wie Asch, Cheb (Eger) und Prachatice

– um die Nationalparke (NP) Bayerischer Wald und Šumava (Tschechien) und die tschechischen Landschaftsschutzgebiete von nationaler Bedeutung Český les (Tschechischer Wald) und Šumava

– um himmelhoch aufragende Tannen, Wetterfichten und knorrige Buchen

– um Auer- und Birkwild, Urwaldkäfer und Wiesen-Schmetterlinge, Biber und Flussperlmuscheln

– und natürlich um den neuen wilden Wald der Nationalparke

Band I „Grenzwege zur Natur und zum bayerisch-böhmischen Kulturerbe“

Startpunkt der Reise am Grünen Band ist das Dreiländereck Bayern-Sachsen-Tschechien. Von dort geht’s auf beiden Seiten der Grenze bis hinunter in das Oberpfälzer Städtchen Schönsee bzw. in die Grenzwüstung Plöß (Pleš). Auf dieser ca. 150 km langen Strecke sind die Autor*Innen auf eine ungeheure landschaftliche Vielfalt gestoßen. Zudem wird auf diesem Abschnitt die Grenzgeschichte lebendig, vor allem im Bereich der verwaisten tschechischen Grenzkasernen. Naturkundlich ragen die Flussperlmuschelbäche am Dreiländereck und die Schutzgebiete am Grenzfluss Eger heraus. Nicht zu vergessen die Teichlandschaften bei Selb und das vulkanische Naturschutzgebiet Soos bei Franzensbad mit seinen blubbernden Schlamm-Mofetten und sprudelnden CO2-Quellen. Zwischen Tachov (Tachau) und Waidhaus erstreckt sich mit dem Nationalen Landschaftsschutzgebiet Český les ein großer Grenzwald, in den einst Pochwerke, Glashütten und Glasschleifereien sowie Siedlungen vorgedrungen sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Natur das Gelände zurückerobert. Heute führen Wander- und Radwege zu den Relikten der einstigen Betriebe und der im Kalten Krieg zerstörten Ortschaften. Die tschechische Abhörstation auf dem Havran (Rabenberg) wurde zu einem luftigen Aussichtspunkt umgebaut.

Auch mit Elementen des bayerisch-böhmischen Kulturerbes ist dieser Grüne Band Abschnitt reichlich gesegnet. Da gibt es Kirchen, in denen noch in Deutsch gepredigt wird (Hranice /Roßbach und Podhradi/Neuberg). Um die Ecke stößt man auf die quirlige Grenzstadt Asch (CZ), die ein neues Goethe-Denkmal errichtet und Denkmäler für Luther, Schiller, Robert Schuhmann und Turnvater Jan renoviert hat, nicht zu vergessen der Bismarckturm, der hoch über der Stadt thront. In Cheb (Eger)und Waldsassen steht deutsch-böhmische Regionalgeschichte auf dem Programm, untermauert von Highlights wie der Pfalzkapelle Barbarossas sowie den Wallfahrtskirchen Kappl und Maria Loreto (in CZ), von denen letztere wieder aufgebaut und neu geweiht wurde. Die Autor*Innen steigen zudem auf alle möglichen Berge der Grenzregion, auch auf den von einer ehem. Abhörstation gekrönte Dyleň (Tillenberg), der mit 939 m der höchste Berg im ehem. Egerland ist.

Überall treffen die Autor*Innen auf ortskundige und engagierte Personen, die sie durch die Natur führen oder auf Kapellen, Burgen, Schlösser, Grenzdenkmale und versunkene deutsch-böhmische Ortschaften aufmerksam machen.

Band II „Natur Natur sein lassen -Highlights am Grenzkamm“.

Der zweite Band beginnt mit einer Sensation, der Ausgrabung des zerstörten deutsch-böhmischen Grenzdorfs Grafenried (Lučina). Es folgen die Besteigung des Čerchov (Schwarzkopf) mit seiner bewirtschafteten Grenzkaserne und die Durchquerung der geschichtsreichen böhmisch-bayerischen Pforte zwischen den Grenzstädten Furth im Wald, Domažlice (Taus) und Nýrsko (Neuern). Zwischen Nýrsko und dem Lamer Winkel beginnt der Anstieg auf den Grenzkamm des 1293 m hohen Ossers. Über den Kleinen Arbersee geht es auf steilen Wanderwegen auf den Gipfel des 1456 m hohen Arbers, wo die Autor*Innen vom Trubel der Seilbahntouristen überrascht werden.

Als Ausgleich führt sie der Arber-Gebietsbetreuer Johannes Matt vom Großen Arbersee aus auf verborgenen Pfaden durch die felsige Seewand, in der sich im Schutz des extrem steilen Geländes ein Naturwald erhalten hat; der Arber ein Berg mit einem Januskopf, auf der einen Seite Rummel, auf der anderen Seite grandiose Natur.

Unten, nahe der Ortschaften Bayerisch Eisenstein und Železná Ruda (Markt Eisenstein), stößt man auf die Nationalparke Bayerischer Wald und Šumava, die sich von dort aus längs der bayerisch-tschechischen Grenze erstrecken. In den Nationalparken existieren auf beiden Seiten der Grenze große Ruhezonen (CZ)/Kernzonen (D), in denen der Auerhahn ein Refugium gefunden hat und große Moore eingebettet sind. Die Autor*Innen beschreiben auf behutsame Weise die Wege, auf denen der Wanderer die wilde Grenznatur erleben kann. Bis auf die Randzonen gilt in den Parken generell das Prinzip Natur Natur sein lassen. Das heißt, es dürfen weder Bäume gefällt noch gepflanzt werden. Allerdings wird dort noch gejagt, was die Autor*Innen zum Nachdenken über den Begriff Naturnähe angeregt hat.

Trotz Ruhe- und Kernzonen kommen Wanderer und Naturliebhaber in den Nationalparken nicht zu kurz. Selbst für Radler hat man ein umfangreiches Wegenetz ausgewiesen. Auf den Paradegipfeln des Grenzkamms wie Falkenstein, Rachel und Lusen befinden sich Berggasthäuser. Die Autor*Innen haben alle wichtigen Anstiege aus naturkundlicher Sicht beschrieben, die bayerischen Berggasthäuser besucht und die tschechischen Bistros (Pürstling und Poledník) kulinarisch getestet. Ein besonderes Augenmerk haben sie auf die Moore (Filze) und die bayerischen Schachten gelegt. Bei letzteren handelt es sich um ehemalige Hochweiden, die einzigen Flächen, die vom Nationalpark Bayerischer Wald durch Mahd und Beweidung offen gehalten werden.

Band III „Die große Vielfalt Highlights im südlichen Böhmerwald“

Im Band drei wird der südliche Teil des Nationalparks Šumava in all seinen Facetten dargestellt. Möglich gemacht hat dies u.a. Martin Starý, der stellvertretende Direktor des Šumava, der die Autor*Innen auf eine naturkundliche Reise durch den Park mitgenommen hat. Martin Starý hat die Autor*Innen zudem zu kulturell bedeutenden Punkten geführt wie den Tusset- Kapellen-Kreuzweg oder ins Städtchen Volary (Wallern), in dem noch Häuser stehen, die die Tiroler Siedler errichtet haben. Zudem haben die Autor*Innen Michal und Vladí kennen gelernt, zwei Tschechen aus Prachatitz, einst ein bedeutender Handelsplatz am Goldenen Steig. Mit Michal und Vladí geht es durch die Altstadt mit ihren zahlreichen von Sgraffiti geschmückten Renaissancehäusern.

Neben großen zusammenhängenden Waldgebieten umfasst der Šumava auch weite Wiesenlandschaften. Sie sind das Erbe der deutsch-böhmischen Grenzdörfer und werden von Rinderherden extensiv beweidet. Damit ist es den Tschechen gelungen, stark bedrohte Offenlandarten wie das Birkhuhn und das Braunkehlchen zu stützen. Neben den Nationalparkwiesen wird in Band drei die bayerische Grenzwiesenlandschaft dargestellt, die sich von Firmiansreut bis Haidmühle erstreckt. Auf diesem ca. 40 km langen Abschnitt sichert der BUND Naturschutz (BN) mit Flächenankäufen und Pachtverträgen Refugien für bedrohte Arten. Ein großartiger Erfolg ist am Radlergrenzübergang Haidmühle zu bewundern. Dort hat der Biber auf BN-Flächen ein riesiges grenzüberschreitendes Biotop geschaffen.

Vom Biberstau geht es auf Grenzwegen hinauf zum Dreisesselberg und über den Hochkamm mit seinem Alpenblick zum 1326 m hoch gelegenen Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Österreich. Eigentlich sollte der Band drei dort enden. Doch die Autor*Innen hat es weiter gezogen. Sie beschreiben den Kammweg zum Adalbert-Stifter Denkmal, das auf einer unglaublich hohen Klippe über dem Plöckensteinsee steht, ein Kleinod des Šumava, und sie stellen eine Radtour entlang dem Schwarzenberg-Kanal dar, auf dem einst Holz in Richtung Donau geschwemmt wurde. Am österreichisch-tschechischen Grenzübergang Schöneben passiert der Radweg den südöstlichsten Punkt des Nationalparks Šumava,. Es schließt sich das Nationale Landschaftsschutzgebiet Šumava an, das sich zwischen dem Moldaustausee (Lipno) und der österreichischen Grenze erstreckt. In dieser von den Deutsch-Böhmen verlassenen Landschaft, in der heute der Elch ein Zuhause gefunden hat, rauscht der Schwarzenberg-Kanal über eine Steilstufe ins Österreichische Mühltal. In dieser einsamen Ecke endet der dritte Band.

Bibliographie

Die Bücher sind fest gebunden (hardcover) und mit erstklassigen Fotos reich bebildert. Dazu gibt es je Band einen Tourenführer im Taschenformat mit topografischen Karten, auf denen die Rad- und Wanderrundtouren eingezeichnet sind, über die in den Büchern berichtet wird. Sämtliche Sehenswürdigkeiten, ob naturkundlich oder kulturell, sind in den Tourenführern auf den Karten verortet. Die Bücher und die Tourenführer werden nur zusammen verkauft. Jeder Band kostet inklusive Tourenführer nur 23,50 €. Bestellungen versandkostenfrei über www.auwel.de. Weitere Infos und Blick ins Buch unter derselben Adresse. Alternativ über Telf. 06625-5812.

Ansichtsexemplare im BN-Pavillon auf der Landesgartenschau Freyung!

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Haibischl